So wie sich jeder Mensch nicht nur eine Geschichte zurechtlegt, so hält auch jeder Ort mehrere Geschichten bereit. Zum Beispiel Nürnberg. Gerade die sich um den Titel „Europäische Kulturhauptstadt“ bemühende „Franken-Metropole“ hat die Vergangenheit immer vor Augen und nimmt sie für 2025 auch bewusst in den Blick. Als des Alten Reiches Schätzkästlein apostrophiert war die Noris, wie der gebildete Nürnberger seine Heimatstadt immer noch gerne nennt, in den dreißiger Jahren des 20. Jahrhunderts zur „Stadt der Reichsparteitage“ avanciert, bevor sie sich Ende des Jahrhunderts zur „Stadt des Friedens und der Menschrechte“ machte. Diese Entwicklung spiegelt sich nirgends so schön wider wie am Dutzendteich, den der Rat der Reichsstadt im 15. Jahrhundert erworben und bis ins 19. Jahrhundert als Standort für Mühlen, Fischer und andere Gewerbe genutzt hat. Aber schon im 16./17. Jahrhundert entdeckten die Nürnberger die Weiher als der Stadt nächstgelegenes Ausflugsziel. Mehr und mehr setzte sich diese Nutzung durch, wurden Schankwirtschaften eröffnet, Verkehrslinien fortgeführt und ein Tiergarten angelegt. Die Anlage musste den geplanten Parteitagsbauten der Nationalsozialisten weichen. Seitdem beherrschen die monumentalen Überreste der NS-Architektur das weitläufige Gelände, das längst wieder ein Ort der Freizeitgestaltung ist. So drehen im Schatten der Bauruine der Kongresshalle (im Bildhintergrund) auf – und neben – dem Dutzendteich wieder Tiere – und Menschen – ihre Kreise, kehrt, kurz gesagt, die Geschichte zurück, die auch in Zukunft mehr als eine Geschichte zu erzählen hat.