„Die Welle weiß, wohin sie geht.“

Steht auf dem Gedenkstein hinter der kreisrund gefassten Egerquelle. Die Fassung ist 1923 auf Betreiben der alten Reichsstadt Eger erfolgt. Elf weitere Städte haben zur Finanzierung des Vorhabens beigetragen. Die Städtenamen sind auf den roh behauenen Granitsteinen verewigt. An Pfingsten 1924 erfolgte die Einweihung der „neuen“ Egerquelle. Ein beliebter Rastplatz an Nordhang des Schneebergs im Fichtelgebirge.

Dass die große Mehrheit der beteiligten Städte jenseits der Grenze lagen, die 1918/19 gezogen wurde, erschließt sich dem Besucher nicht. Das Egerland ist 1806 zu Böhmen gekommen und mit diesem in Tschechoslowakei aufgegangen. Nach dem Ersten Weltkrieg und dem Zerfall der Donaumonarchie. Die Einbeziehung hat der deutschsprachigen Minderheit nicht gefallen und sie hat mit solchen Initiativen, auf sich und ihren Wunsch nach einer Angliederung an das Deutsche Reich in Erinnerung gebracht.

„Die Welle weiß, wohin sie geht“.

Zehn Jahre nach der Quellfassung hat in dem schon erwähnten Eger ein gewisser Konrad Henlein die Sudetendeutsche Heimatfront gegründet, die mit tatkräftiger Unterstützung des Deutschen, zu dieser Zeit nationalsozialistischen Reiches die Abtretung der Gebiete erzwang. Dass auf der Münchner Konferenz Frankreich und Großbritannien – um des vorübergehenden Friedens willen – Hitler die Hand reichten, darf im Angesicht des aktuellen Eroberungskrieges Russlands in der Ukraine und der Tendenzen, das angegriffene Land zum Gebietsverzicht zugunsten des Aggressors zu drängen, nicht in Vergessenheit geraten.

Nachdem der Aggressor der dreißiger Jahre und sein Volk 1945 von den Alliierten niedergerungen waren, wurden die verbliebenen Deutschen aus der Tschechoslowakei vertrieben. Vertreter dieser Heimatvertriebenen ließen zehn Jahre nach Kriegsende eben den Gedenkstein im Hintergrund errichten, der ihren Anspruch auf das Egerland bekräftige: „Die Welle weiß, wohin sie geht“. Nämlich über 300 Kilometer durch tschechoslowakisches Gebiet bevor sie bei Theresienstadt in die Elbe mündet.

Der in Stein gemeißelte Gebietsanspruch ist Geschichte, die kaum ein Besucher des beliebten Rastplatzes kennt. Kennen kann, weil die Egerquelle eben nur ein Naturdenkmal ist und kein Erinnerungsort. Jedenfalls kein erkennbarer. Zur 100-Jahr-Feier der Einweihung an Pfingsten 2024 wäre die Gelegenheit gewesen, das Naturdenkmal zu einem bewussten Erinnerungsort zu gestalten. An der Egerquelle könnte die Besucher lernen, dass Aggressoren nicht nachgegeben werden darf. Damals nicht und auch heute nicht.

Neue Eger-Quelle am Nordhang des Schneebergs