„A People’s History of the United States” ist eine 1980 erschienene Geschichte der Vereinigten Staaten von Amerika, die einen alltagsgeschichtlichen Ansatz verfolgte. Die so genannte Alltagsgeschichte richtet ihr Augenmerk auf das Tag aus, Tag ein des kleinen Mannes, später auch den Alltag der Frau. Sie ist im Grunde eine Individualisierung der Gesellschaftsgeschichte, die die Historischen Sozialwissenschaften in das Themen- und Methodenrepertoire der Geschichtswissenschaften eingeführt haben. Die vor allem von der Bielefelder Schule um Ulrich Wehler vertretene Fachrichtung grenzt sich zwar von der etwas älteren Strukturgeschichte ab, die die sozialen Prozesse in den Blick nahm, Gesellschafts- und Alltagsgeschichte zählen jedoch wie die Strukturgeschichte zur Sozialgeschichte, die ihren Ursprung in jener Volksgeschichte hat, die nach dem Ersten Weltkrieg in der Geschichtswissenschaft Verbreitung fand und unter der nationalsozialistischen Herrschaft in den Vordergrund trat. In dieser spezifisch deutschen Variante der Sozialgeschichte verbanden sich innovativer, häufig interdisziplinärer Zugriff mit reaktionären, hochpolitischen Inhalten. Mit Untersuchungen zu bestimmten „Räumen“, gerne jenseits der Reichsgrenzen, ihren in erster Linie „deutschen Bevölkerungen“ und ihrer entsprechenden „Kultur“ legitimierte nicht zuletzt die Volksgeschichte die nationalsozialistische Expansionspolitik.
Dass 75 Jahre nach dem Zweiten Weltkrieg in Nürnbergs Bewerbung zur Europäischen Kulturhauptstadt 2025 „People’s History“ auftaucht, belegt das aktuelle Interesse an dem alten Ansatz. An „Menschen und Gemeinschaften“, deren Werten und Identitäten sollen die regionale Wirtschafts- und Sozialgeschichte Frankens „freigelegt“ und in einen „europäischen Bezugsrahmen gestellt“ werden. Ob die beteiligten Archäologen und Zimmerleute bei ihren Grabungen und Einrahmungen auch auf den fachgeschichtlichen Grund der Sozialgeschichte stoßen und diesen den europäischen Partnern jenseits der Landesgrenzen – beteiligt ist auch das European Solidarity Center in Gdansk, sprich Danzig – in Erinnerung rufen, bleibt abzuwarten. Immerhin böte das ebenso vorgesehene „Memory Lab“ ein Format, sich auch mit den „Voraussetzungen … des Nationalsozialismus“, also der Geschichte der Geschichte auseinander zu setzen. Past Forward!