In den Geisteswissenschaften werden viele Forschungsfelder mehrfach beackert. Häufig bestellen sie Sozialwissenschaftler zuerst, ihnen folgen dann zumeist Zeithistoriker auf dem Fuß. So auch bei der Analyse der transnationalen Städtepartnerschaften, die sich in der 20. Hälfte des 20. Jahrhunderts gebildet haben. Das von der sozialwissenschaftlichen Forschung entwickelte Narrativ von der europäischen Versöhnung und Verständigung nach dem Zweiten Weltkrieg bekommt einen kritischen Beiklang, seit sich die Zeithistoriker der Geschichte annehmen. Ihre multiperspektiven Zugänge machen den von Corine Defrance, Tanja Hermann und Pia Nordblom herausgegebenen Sammelband zu den „Städtepartnerschaften in Europa im 20. Jahrhundert“ auch für Fachleute so „empfehlenswert“.
Die von der historischen Forschung in den Fokus gerückten „Eigendynamiken des Trans-Lokalen“ zeigen sich nicht zuletzt in den vielfältigen Versuchen, die Städtepartnerschaften zu instrumentalisieren. Sei es für die Außenpolitik eines Landes, sei es für die Selbstdarstellung einer Stadt. Das war und ist eine nicht zu unterschätzende „Funktion kommunaler Auslandskontakte“, wie es in einem Untertitel der Beiträge heißt. Die Beiträge sind selbst auf den recht gut erforschten Forschungsfeldern wie dem Wechselverhältnis von translokalen Städtepartnerschaften und nationalen Außenpolitiken „instruktiv und weiterführend“, insgesamt eine „Inspirationsquelle für ein zeithistorisch weitgehend vernachlässigtes Themenfeld“.