Suchen, finden, schreiben sind die Arbeitsschritte des Historikers. Die Woche habe ich mir mal wieder einen Wolf gesucht. Nein, er hie\u00df nicht Wolf, sondern Karl. Karl war Unternehmer in Berlin und in der Provinz und hat sich als M\u00e4zen einen Namen gemacht. Trotzdem ist sein Leben und sein Werk so gut wie unbekannt.<\/p>\n
F\u00fcr solche Suchauftr\u00e4ge habe ich ein halbes Dutzend archivische, biographische bzw. bibliothekarische Metasuchmaschinen gebookmarked, dazu zwei Dutzend Staatsarchive, Sammlungen usw. Alles volldigital versteht sich. Viele Treffer erhielt ich bei meiner Suche\u00a0 nach Karl jedoch nicht nicht. Selbst Google wasn\u2019t my friend: Die Heimatzeitung widmete Karl einen Nachruf und die von der Zuwendung profitierende Institution l\u00e4sst ihn gelegentlich hoch leben, aber mehr als das findet sich beim besten Willen nicht. Obwohl der Mann im 20. Jahrhundert lebte. Als Sch\u00fcler, Student und Soldat m\u00fcsste er ebenso Spuren hinterlassen haben wie sein Unternehmen. Trotzdem: Fehlanzeige.<\/p>\n
In der Not fielen mir die hochgepriesenen Helferlein ein, die so gut wie alles k\u00f6nnen. Hei\u00dft es: Texte editieren, Bilder generieren und noch vieles mehr. Das moderne Zauberwort lautet K\u00fcnstliche Intelligenz oder Neudeutsch AI. Mir tr\u00e4umte wie in der alten Sage von den Heinzelm\u00e4nnern, dass die digitalen Technik mir meine Arbeit macht. Goldene Zeiten erschienen vor meinem inneren Auge und ich sa\u00df schon fast auf meinem Rennrad, als ich jenen Kobold (Copilot) befragte, der den ganzen Tag meine Arbeit mit der Suchmaschine begleitet hatte. Er wusste also um was es ging. Seine Antwort zeigte, was er kann: Bekanntes kombinieren und zu Neuen zusammen fabulieren.<\/p>\n
Aus meinem Standort und Status hat der Kobold den Gesuchten zu einem Wissenschaftler meiner Alma mater gemacht. Nicht schlecht, aber falsch. Wahrscheinlichkeiten f\u00fchren eben nicht zu Wahrheiten. Das habe ich dem Kobold gesagt. Er hat sich brav entschuldigt und mich gebeten, ihm weitere Informationen zukommen zu lassen. Wie bitte? Wir haben noch eine zeitlang \u00fcber Recherchearbeit \u201egesprochen\u201c. Das Gespr\u00e4ch holte mich aus meinen Tr\u00e4umen auf den Boden der Tatsachen zur\u00fcck. Der Kobold und seine Kollegen ersetzen die Arbeit eines Historikers nicht. Im Gegenteil. Wenn man wie die Schneidersfrau der Sage genau nach der Arbeit der digitalen Heinzelm\u00e4nnern schaut, tun sie verschwinden, l\u00f6sen sie sich in Nichts auf. Jedenfalls halten ihre “Arbeitsergebnisse”, die nur in Ausnahmef\u00e4lle einer scharfen Qualit\u00e4tskontrolle Stand halten.<\/p>\n
P.S.
\nDas von mir angefragte Staatsarchiv teilte inzwischen mit, dass es mehrere Akten zu Karl vorliegen hat. Zu den Eltern und zu dem Unternehmen. Sie werden erste Ausk\u00fcnfte geben und den weiteren Forschungsweg weisen. Es geht doch nichts \u00fcber strategische Intelligenz, die der Forschung neue Ans\u00e4tze verschafft. (Aber zeichnen, zeichnen kann die “Intelligenz” gut \ud83d\ude01, s.u.)<\/p>\n","protected":false},"excerpt":{"rendered":"
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