Manchmal treibt die Erinnerung bunte Blüten. Während die angelsächsische Welt ihrer Kriegstoten im Zeichen des roten Mohns gedenkt, haben Deutsche und Franzosen blaue Blumen zum Gedenken an die Opfer von Kriegen und Gewalt gewählt. In Frankreich fiel die Wahl auf die Kornblume, die einst – wie der Klatschmohn – die europäischen Getreidefelder, durchzog. Die nach dem Zweiten Weltkrieg einsetzende Unkrautbekämpfung mit Herbiziden hat die Pflanzen vielerorts verdrängt. Das Schicksal blieb dem vom Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge ausgewählten Vergißmeinnicht erspart, fällt die Ackerblume doch erst nach der Ernte richtig auf. Im Gegensatz zu Kornblume und Klatschmohn trägt das Vergißmeinnicht seinen Zweck schon im Namen und ihre Blütenfarbe bietet eine Verbindung zur (deutschen) Romantik an, die ja nach Liebe trachtete, vor Sehnsucht schmachtete und jenem Idealismus Vorschub leistete, der zu Beginn des Ersten Weltkrieges viele Freiwillige auf die Schlachtfelder und in den Tod trieb. Auch über ihren Gräbern blühte schließlich jener Klatschmohn, den der britische Mediziner, Schriftsteller und Soldat John McCrae 1915 beschrieb: „In Flandern fields the poppies blow, between the crosses, row on row“. Das Bild prägte die britische Erinnerung und inspirierte Paul Cummins und Tom Piper zur „Poppies Wave“ am Naval Memorial in Plymouth, das vor bald 100 Jahren zur Erinnerung an die gefallenen, in der Regel vermissten Seeleute der Royal Navy errichtet wurde. Mit solchen Installationen wurde die Erinnerung so modernisiert, dass sie eine Zukunft hat. Eine schöne Blüte!